Der Maler

Der Karl. Ein gut genährter dunkelhaariger Mitfünfziger. Gemütlich und ruhig ist er. Er hat tiefe Augenringe.

Da sitzt er neben mir auf der Terrasse und wir trinken eine Tasse Kaffee. Pause.

Kennengelernt haben wir ihn letztes Jahr auf der Herbstdult. Wir haben uns einen Tisch geteilt und sind ins Gespräch gekommen. War ein netter Abend. Der Karl hat erzählt, dass er LKW fährt und gelernter Maler ist. Im Nebengewerbe malert er immer noch….

Also Handynummer notiert – Maler kann man als Hausbesitzer bestimmt mal brauchen.

Jetzt ist er da und verschönert unser Wohnzimmer.

Er ist kein Plauderer. Er fischt, mag seine Ruhe. Ich höre zu.

Er erzählt von seiner Kindheit im Kinderheim. Ich lerne, dass nicht nur Priester Kinder misshandelt haben, sondern Ordensschwestern das wohl auch als ihre Pflicht gesehen haben… Als Jugendlicher kommt er zum 1. Mal mit dem Gesetz in Konflikt. Wohl immer wieder mal. Im Jugendgefängnis kann er seine Malerlehre fortsetzen und abschließen.

Ein normales Leben kennt der Karl nicht. Er braucht weniger das Geld als den Kick.

Mit einem Freund beginnt er Einbrüche zu machen. Knackt Tresore – wird immer wieder erwischt. Insgesamt verbringt er 27 Jahre in Haft . Mehr als sein halbes Leben.

Seit 5 Jahren ist er draußen. Er macht keine Brüche mehr. Er ist fleißig in seinem Beruf und im Nebenjob. Seine Schwester ist ihm eine große Stütze. Eine Frau sucht er halt, der Karl…

So, Pause beendet. Das Wohnzimmer fertig streichen.

Was für eine Geschichte

Der Karl ist ein guter Maler – er wird von uns bestimmt wieder gebraucht.

2 Kommentare zu „Der Maler

  1. Das hast du sehr schön geschrieben, bei Karl ist die Welt wieder in Ordnung, man muß nur fest daran glauben.

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